Re: ACHTUNG FLASHBACKS! (Die Bar)

[Rebecca]

Natürlich ging sie davon aus, dass ihr großer Bruder nochmal in die Bar zurückkehrte um Stefan dort raus zu holen. Weshalb sonst? Nick würde mit ihm zusammen nachkommen, das lag für Rebecca auf der Hand. Dankbar ergriff sie die Flucht und wartete bei dem Wagen, den Nikolaus nur ein paar Straßen weiter an einem abgelegenen Plätzchen geparkt hatte, für Notfälle wie diesen. Angespannt tippte ihr Fuß immer wieder auf den kühlen Asphalt. Um die Schöne herum war es recht still, nur ihr schneller Atem und das Geräusch ihres Absatzes konnte man deutlich hören, entfernter außerdem die Motoren vereinzelter Autos, das Lachen eines verliebten Pärchens, taumelnde Schritte eines betrunkenen Mannes - mehr nicht.
Ob es ihren beiden Männern wohl gut ging? Was wenn einer verletzt wurde? Sollte sie lieber nachsehen? Ungeduldig blickte die Ursprüngliche die leere Gasse entlang.
"Nick!", rief sie erleichtert bei dem Anblick ihres herbei eilenden Bruders. Doch wo blieb der zweite? Wo blieb ihr Vampir? Rebecca beschlich ein ungutes Gefühl.
"Wieso bist du alleine? Was ist mit Stefan?", fragte sie nervös und hielt Nick am Arm fest als er gerade die Autotür aufschließen wollte. Mit fragendem Blick musterte sie ihn, halb hoffnungsvoll, halb verzweifelt.

[Klaus]

"Stefan wird nicht kommen.", sagte Klaus mit unbewegter Miene. Rebecca sah ihn verständnislos an. "Er weiß noch nichtmal mehr, dass du existiert. Es war zu gefährlich, Rebecca!" Sie funkelte ihn wütend aus ihren wunderschönen Augen an. Natürlich war sie sauer. Aber sie würde ihn bald vergessen haben, so wie jeden Typen. Auch, wenn Nick das Gefühl hatte, dass es bei Stefan anders war, aber sie würde sich immer für ihn, ihren Bruder, entscheiden - dessen war er gewiss. Oder?
Aber natürlich!
"Wir werden nun aufbrechen, es ist dringend Zeit, weiterzuziehen. Komm nun!" Klaus sah ihr in die Augen und sah das, was er befürchtet hatte schon bevor sie es aussprach...

[Rebecca]

Seine Worte peitschten ihr ins Gesicht. "Du hast Stefans Gedächtnis gelöscht.", hauchte Rebecca abwesend und starrte Löcher in die Luft, ohne sich zu rühren. Ihr Vampir konnte sich an rein gar nichts mehr erinnern, als hätte die gemeinsame Zeit zwischen den beiden nie existiert. Dieser Gedanken brach der Ursprünglichen das Herz. Und das, nach dem Becky dachte, jemanden gefunden zu haben, der sie perfekt ergänzte, der sie wirklich lieben lernte!
"Wie konntest du nur?! Wir konntest du mir das antun?", fragte die Schöne ihn schockiert, sichtlich verletzt, tatsächlich mit Tränen in den Augen. Zu der Enttäuschung kam die Wut - böse Zungen könnten sogar behaupten der Hass - auf ihren Bruder. "Ich gehe nicht! Nicht ohne Stefan! Ich komme nicht mit dir, nicht ohne ihn!" Ihre Stimme klang nahezu verzweifelt. Nick musste seine Manipulation zurücknehmen, dann würde bestimmt alles gut werden. Noch immer hielt sie ihn am Arm fest, widerstand schwerlich der Versuchung Nikolaus aus seiner Gefühlskälte wach zu rütteln. Ja, die Geschwister hatten gemeinsam schon viel durchgemacht, aber gerade deswegen sollte er Rebecca nicht so behandeln.

[Klaus]

Klaus gingen in wenigen Sekunden tausende von Gedanken durch den Kopf. Er hatte es sich fest vorgenommen, aber ehrlich gesagt hatte er nie damit gerechnet, dass seine Schwester sich jemals gegen ihren Bruder entscheiden würde. Sie waren verbunden, auch wenn sie sich so gut wie nie im Einverständnis befanden. Aber sie wollte ihn verlassen - für diesen... diesen Ripper. Es machte Klaus sehr wütend und eifersüchtig, aber wenn er realistisch dachte, musste er sie so oder so töten. Sie behinderte ihn einfach - war eine Gefahr. Das hatte er sich schon ewig geschworen, dass er sie dann töten müsste, hatte sich vor kurzem nochmal jedes einzelne Detail in seinem Kopf zurechtgelegt. Warum aber war es dann so schwer? Waren es wirklich alleine die Gefühle für seine kleine Schwester? Klaus wusste es nicht mehr, er wusste überhaupt nichts mehr, war verwirrt... Rebecca sah ihn immer noch mit diesem unglaublich traurigen, wehmütigen Blick an. Er hatte Angst, dass sie merkte, was sich hinter seiner steinharten Fassade, hinter seinen Augen tief verborgen abspielte. Diese chaotische Gefühlswelt... Die Wahrheit war, Klaus war es einfach nicht gewohnt, so viel zu fühlen. Er schaltete Gefühle schlicht und einfach ab und behielt nur die, die er braucht. Zum Beispiel das große Streben nach Macht, den Spaß am Töten und so etwas. Aber Trauer, Wehmut, Entscheidungsschmerz und sogar so etwas wie Liebe - das war komplett neu, und es machte ihm Angst. Er hob langsam den Kopf...

[Rebecca]

"Du wirst es nicht zurücknehmen, oder?", fragte sie ihn enttäuscht und stand ihrem großen Bruder wie angewurzelt gegenüber. Die Ursprüngliche starrte in seine blauen Augen, meistens kalt und erbarmungslos, nun gefühlsgeladener denn je. Ging es ihm so nahe, dass seine Schwester sich für einen anderen Mann interessierte, ihn Nikolaus vielleicht sogar vorzog? Nach all den Jahren der gemeinsamen Zeit, der Flucht sollte hier nun das Ende für die Geschwister kommen, das beschloss auch Rebecca im Stillen, nur würde es anders kommen als sie es plante.
"Leb wohl, Nick.", hauchte sie und ließ von seinem Arm ab. Den Blick auf seiner scheinbar entsetzten Gestalt, nahm die Schöne ein paar Schritte rückwärts. Becky musste zurück zur Bar, Stefan holen, mit ihm wegrennen und versuchen sein Gedächtnis wieder halbwegs hinzubiegen. Doch ein Teil ihres Herzens hing an ihrem geliebten Bruder. Nicht umsonst rann eine einzelne Träne ihre Wange entlang, bevor sie auf den Boden tropfte. Ein Geräusch, das die beiden Ursprünglichen wie ein leises Platschen wahrnahmen, wenn sie sich darauf konzentrierten.

[Klaus]

Klaus´ Gedankensturm ließ langsam nach. Er zwang sich, alles auszustellen, alleine auf seine Instinkte zu hören. Und die sagten ihm, dass er ohne Rebecca weiterziehen musste. Er konnte sie nicht mitnehmen - nicht so. Man konnte regelrecht sehen, wie sich seine Augen verdunkelten und ein dichter Schleier sich vor sie zog - eine Maske, die keiner durchdringen konnte. Und diese Maske brauchte er jetzt, um sein letztes Familienmitglied zu töten, das immer bereitwillig an seiner Seite gestanden hatte und das ihn jetzt mit solch einer tiefen und verzweifelten Trauer ansah, dass es ihm jeder Zeit das Herz gebrochen hätte. Doch nun berührte ihn das nicht mehr. Er hatte seine Entscheidung getroffen, seine Gefühle waren weit, weit weg. Als Rebecca sich umwand, um zu gehen, schoss Klaus in übermenschlicher Geschwindigkeit auf sie zu und stieß ihr mit eben solcher Wucht den Dolch in die Brust - sehr tief. Die schöne Ursprüngliche hatte keine Zeit zu reagieren. Trotz seiner Gefühlsabschaltung traf es Klaus wie einen elektrischen Schlag, als der Dolch in der Brust seiner kleinen Schwester verschwand, die er bis vor kurzem doch immer nur beschützen wollte. Angewidert von sich selber trat er einen Schritt zurück. Er konnte den flehendlichen und verständnislosen Blick seiner kleinen Schwester, den sie ihm, während sie starb, zuwarf, nicht mehr ertragen.

[Rebecca]

Gerade wollte sie sich von ihrem Bruder trennen, doch stattdessen musste Rebecca vom Leben Abschied nehmen. Der Pfahl in ihrer Brust steckte tief im Herzen, genau wie der Schmerz über Nikolaus‘ Verrat an seiner eigenen Schwester. Wie konnte er ihr das antun, wen er sie doch vorgab zu lieben? Die Tränen standen Becky in den Augen, verschleierten ihre Sicht. Sterben fühlte sich kalt an. Die Leere kroch alle Gliedmaßen entlang, ein Kampf gegen die sich ausbreitende Taubheit schien völlig aussichtslos. Der Tod raubte Rebecca alle Lebenskraft, alle Energie. Ihre Zeit lief ab, mit jedem Moment rückte der Zustand völliger Kälte näher. Ein letzter Atemzug, die Hände der Ursprünglichen zitterten leicht, verkrampften sich.
„Nick“ Ein letztes, vorwurfsvolles Wort, ein letzter Wunsch war Rebecca verwehrt geblieben. Und als die Luft zum Reden ihre Lungen verließ, folgte nur die Schwärze, der Abgrund ins Nichts, das Ende.

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